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„Die Strategie ist: KI in all Policies“

Das Jahr 2024 bringt eine weitere Rekord-DMEA. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach fährt derweil im KI-Express gen Zukunft.

Gesundheitsminister Dr. Karl Lauterbach während seiner Keynote auf der DMEA 2024; Foto: © Messe Berlin GmbH

In Berlin purzeln einmal mehr die Rekorde: Dirk Hoffmann, Geschäftsführer und COO der Messe Berlin gab sich bei der DMEA-Eröffnung mehr als zufrieden: Über 800 Aussteller aus Deutschland und dreißig weiteren Ländern in sechs Hallen, dazu acht internationale Pavillons und 320 nationale und internationale Referenten: „Das hätten wir uns zum Start der DMEA, damals noch conhIT, nicht träumen lassen.“

 

Die guten Zahlen und die vollen Ränge konnten einmal mehr Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach überzeugen, bei der DMEA eine Keynote zu halten. Und die wurde ihm zur KI-note. In zehn Minuten spannte er den Bogen von der Alzheimer-Früherkennung über die Quantenphysik bis zur Spracherkennung im Arztgespräch – und redete damit zumindest das Publikum schwindelig.

 

Bessere Medizin leicht gemacht

Die KI, so Lauterbach, werde nichts weniger als die Medizin komplett verändern. Sie werde dazu beitragen, dass Krankheiten, etwa Demenzen und Krebserkrankungen, früher erkannt und gezielter behandelt werden können. So lasse sich beispielsweise aus der nicht für Proteine codierenden Junk-DNA des menschlichen Erbguts das Krebsrisiko besser vorhersagen als aus der codierenden DNA: „Warum das so ist, verstehen wir nicht gut, aber es funktioniert.“

 

Verstehen wird überbewertet, das beweist in Lauterbachs Welt die Quantenphysik. Die, so der Minister, sei das klassische Beispiel für Muster, die vorhersagen, was funktioniert und was nicht, ohne dass der Mensch das zwangsläufig verstehen würde. In der Friedrichstraße sieht man sich und die KI also in der Tradition von Max Planck. Ob eine KI nur Muster erkenne oder auch kausale Erklärungen liefern könne sei dabei noch gar nicht abschließend beantwortet. Es sei aber auch egal, denn am Ende sei das Ergebnis eine bessere Risikovorhersage und eine stärker personalisierte Therapie.

 

KI soll auch Geld abschichten

Dass KI die künftige Medizin nicht nur besser mache, sondern auch noch bezahlbar halte, war Lauterbachs nächster Punkt. Auch hier brachte er die Krebsmedizin in Stellung: Personalisierte Kombinationstherapien mit onkologischen „Impfungen“ – gemeint waren vermutlich personalisierte Immuntherapien –  Antibody-Drug-Conjugates und CAR-T-Zellen kosteten pro Patient problemlos sechsstellige Beträge. Da wird ihm niemand widersprechen. Solche Beträge, so Lauterbach, seien nur dann bezahlbar, wenn im Vorfeld genau klar sei, wer von der Therapie profitiere. Das wiederum sei für einen Arzt „nicht abschichtbar“, wohl aber für eine KI.

 

Einmal in diesen Sphären angekommen, löste der Minister das Problem der zunehmenden Bürokratie für eine strukturierte Dokumentation, ohne die es KI in der Medizin nicht geben wird, gleich mit: Sprachsoftware werde bald Arzt-Patienten-Gespräche automatisiert zusammenfassen und daraus strukturierte Datensätze generieren. Diese landeten flugs in der klinischen Dokumentation und könnten von dort in den Forschungsorbit entlassen werden. Wer will da noch nicht begeistert sein?

 

Die Mühen der Ebene

Im kürzeren zweiten Teil seines Vortrags kam der Minister zurück in die Gegenwart, und im Anschluss beantwortete er dann auch noch ein paar sehr gegenwartsbezogene Fragen. Digitalgesetz und GDNG, so Lauterbach, seien die beiden Säulen, auf die die elektronische Patientenakte und der digitale Forschungsdatensatz aufsetzten. Diese Gesetze seien aber nur der Anfang. Letztlich gehe es darum, sämtliche Routinedaten pseudonymisiert zusammenzubringen, sodass sich „eine Umgebung ergibt, in der wir mit Verfahren der KI dann Studien machen und Muster erkennen können.“

 

Das Ganze, so Lauterbach weiter, „könnte in dieser Größe und mit diesem Anspruch der weltweit größte Medizindatensatz werden“, und dieser Datensatz könne dann „mit Verfahren des Confidential Computing untersucht werden.“ Spätestens an dieser Stelle sah das Publikum den Minister förmlich in seinem Datencockpit sitzen.

 

Damit akademische Forschung und auch Industrieunternehmen optimal forschen können, werde jetzt noch das Medizinforschungsgesetz nachgeschoben. Und, damit war der Minister dann endgültig in der Ebene angekommen: „Wir werden ein Gesetz zur Digitalagentur machen, wo wir die gematik nochmal deutlich aufbohren bezüglich ihren Rechten und ihren Zugriffsmöglichkeiten und einer Beschleunigung der Verfahren.“

 

Flankierend würden im Versorgungsstärkungsgesetz I die Quartalspauschalen abgeschafft und so Telemedizin begünstigt, letzteres auch durch die Level 1i-Krankenhäuser der anstehenden Krankenhausgesetzgebung: „Die Gesamtstrategie ist KI in all Policies, um Deutschland zu einem Vorreiter in der Digitalmedizin und der Forschung zu machen, und da geht es nicht nur um die KI-Forschung sondern auch um die biomedizinische Forschung.“ Noch Fragen? Der Moderator verabschiedete den Minister verzückt mit einem „Danke Herr Professor“.